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Dr. Monika Siegrist und Nina Schaller zum Thema Bewegung
Kann körperliches Training auch die geistige Fitness steigern? Hat das Trainieren in Gemeinschaft positive Effekte? Antworten auf diese und weitere Fragen geben Dr. Monika Siegrist und Nina Schaller aus dem bestform-Team des Lehrstuhls und der Poliklinik für Präventive Sportmedizin und Sportkardiologie der Technischen Universität in München

Unterhaching, 27. Juni 2025
Siegrist/Schaller: Bewegung steigert unmittelbar die Durchblutung aller Organe, auch die des Gehirns, was zu einer besseren Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen führt und damit auch zu einer besseren kognitiven Leistungsfähigkeit beiträgt. Langfristig wirkt sich regelmäßige körperliche Aktivität positiv auf das Gedächtnis aus und reduziert das Risiko für den Abbau von kognitiven Fähigkeiten. Zusätzlich wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf das Wohlbefinden aus.
Wir in der Sportmedizin haben täglich mit gesunden und kranken Patienten zu tun und sehen, wie Menschen durch regelmäßige Bewegung und Sport sowohl gesundheitlich als auch psychisch profitieren. Die langjährige Erfahrung aus unseren Seniorensportgruppen oder auch aus unserem Sturzpräventionsprogramm zeigt, dass man bis ins hohe Alter von körperlichem Training profitiert. Viele Menschen in Senioreneinrichtungen haben keine Möglichkeit, an einem regelmäßigen und wirksamen körperlichen Training teilzunehmen – möchten aber gerne etwas für den Erhalt ihrer Mobilität und Autonomie tun – und dabei möchten wir sie mit bestform unterstützen.
Da fällt uns spontan der Ausruf einer Teilnehmerin ein: „Klar kann ich noch trainieren, ich bin doch erst 80 Jahre alt.“ Dieser Elan, den viele Teilnehmende beim Training an den Tag gelegt haben, hat uns überrascht. Und dass das Training an den Geräten so gut von den Senioren umgesetzt werden konnte, das hatten wir zu Beginn gar nicht erwartet. Für viele Senioren hatte das Training eine extrem große Bedeutung und war eine wichtige Bereicherung im Alltag. Hier waren oft die persönlichen Aussagen oder Lebensgeschichten der Senioren noch wichtiger als wissenschaftliche Daten.
Das kommt darauf an, wie der Seniorensport umgesetzt wird. Entscheidend ist es, regelmäßig zu trainieren und dabei wichtige Trainingsgrundsätze bei der Trainingsgestaltung zu beachten. Ein Training sollte mindestens zweimal pro Woche stattfinden und Kraft-, Koordinations- und Ausdauertraining beinhalten. Damit längerfristige Trainingseffekte entstehen, muss die Trainingsintensität wie bei bestform progressiv gesteigert werden.
Wesentliche Inhalte von bestform sind die Steigerung der Muskelkraft und die Verbesserung der Koordination und des Gleichgewichts. Damit wird die Beinmuskulatur erhalten sowie gestärkt und somit das Sturzrisiko gesenkt. Die Koordinations- und Gleichgewichtsübungen beinhalten gezielte Übungen zur Sturzprophylaxe, sie tragen zusätzlich zur Prävention von Stürzen bei und können auch in der Nachsorge helfen, die Angst vor weiteren Stürzen zu reduzieren. Zudem ist es z. B. nach einem Sturz mit einer Verletzung enorm wichtig, die Muskulatur wieder zu mobilisieren, und das Training auch nach einer erfolgten Reha langfristig beizubehalten.
In unserem bestform-Training ist die soziale Komponente ganz entscheidend. Der bestform-Trainingsraum soll eine Begegnungsstätte zum gemeinsamen Trainieren, Spaß haben und sozialen Austausch sein. Gerade im Alter sind soziale Kontakte wichtig, und gemeinsam zu trainieren verbindet ungemein. Bei Antriebslosigkeit ist natürlich zu berücksichtigen, ob diese krankheitsbedingt ist. Eine körperliche Aktivierung kann aber auch hier zu neuem Antrieb verhelfen.
Grundsätzlich spiegelt sich beim bestform-Training die demografische Situation im Alter wider. Es leben deutlich mehr Frauen in Senioreneinrichtungen, und dementsprechend sind auch mehr Frauen im bestform-Training aktiv. Aber sowohl Frauen als auch Männer profitieren von einem regelmäßigen Training und haben Spaß. Inwieweit sich ein Testosteronmangel im Alter auf die Trainierbarkeit auswirkt, untersuchen wir derzeit auch im Rahmen der bestform-Studie und denken, dass wir erste Ergebnisse demnächst veröffentlichen können.
Das ideale Trainingsprogramm hängt natürlich davon ab, welche Trainingsziele eine Person hat. Wie bereits gesagt, ist es im Alter wichtig, Kraft, Koordination und Gleichgewicht sowie die Ausdauer zu verbessern. Das Training sollte regelmäßig sein und die Trainingsintensität zunehmend gemäß individuellen Voraussetzungen gesteigert werden, damit auch langfristige Trainingseffekte erreicht werden können.
Ein täglicher Spaziergang hat auf jeden Fall positive Effekte auf die Mobilität, Ausdauer und auch auf das Wohlbefinden von Menschen. Allerdings reicht Spazierengehen nicht aus, um die Muskulatur oder die Knochenqualität zu erhalten oder Stürzen vorzubeugen. Hier braucht es zusätzlich ein regelmäßiges und systematisches Krafttraining bzw. ein entsprechendes Training von Koordination und Gleichgewicht. Auf einer imaginären „Anstrengungsskala“ von 0 (überhaupt nicht anstrengend) bis 20 (sehr, sehr anstrengend) eines Trainings sollte man sich auch fordern und zumindest versuchen, an die persönliche Belastungsgrenze (etwas schwer: 13–15 bis schwer: 16–18) zu gehen.
Es gibt große internationale Studien, die zeigen, dass gerade bei Typ-2-Diabetes regelmäßiges Training effektiver ist als die Gabe von Medikamenten, da durch Training der Stoffwechsel im Muskel verbessert und damit die Ansprechbarkeit des Körpers auf Insulin gefördert wird. Auch bezüglich Folgeerkrankungen von Typ-2-Diabetes hat regelmäßige Bewegung eine große Bedeutung und gehört wie ein Medikament in jedes Therapieschema. Da Bewegung eine systemische Wirkung auf den gesamten Körper hat und auch zur Gewichtskontrolle beiträgt, ist regelmäßige körperliche Aktivität auch eine wichtige Säule in der Prävention von Typ-2-Diabetes, aber auch von vielen anderen chronischen Erkrankungen.
Große Bedeutung bei Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes hat ein Ausdauertraining, da damit Energie verbraucht und der Glukose- oder Fettstoffwechsel verbessert wird. In den letzten Jahren hat man aber festgestellt, dass auch das Krafttraining wichtig ist, um den Stoffwechsel in der Muskulatur zu verbessern. Eine Kombination aus Ausdauer und Krafttraining ist somit besonders günstig.
Hoffentlich wird Bewegung zu einem festen Bestandteil bei der Behandlung von Krankheiten, aber die Etablierung von Bewegung auf Rezept ist nicht ganz einfach, da bei Medikamenten auch die Lobby der Pharmaindustrie einen großen Einfluss hat und es für manche Menschen auch zunächst einfacher erscheint, Medikamente zu nehmen als den Lebensstil zu verändern. Aber es wäre ja schon mal gut, wenn Bewegung auf Rezept zumindest mehr verbreitet wird als es heute ist. Gegenfrage: Wenn es eine Pille gäbe, die sich auf viele Erkrankungen positiv auswirkt, Entzündungen bekämpft, die Muskulatur, den Knochen und die Leistungsfähigkeit stärkt und dann noch das Wohlbefinden und die Stimmung verbessert, würden Sie diese Pille nicht gerne nehmen? Sie können sich diese „Pille“ ganz einfach selbst verschreiben – regelmäßige körperliche Aktivität.
Da haben wir einige Beispiele, denen wir in unserem bestform-Newsletter die eigene Rubrik „bestform-Erfolgsgeschichte“ widmen, schauen Sie rein!
Dass die Präventivmedizin einen größeren Stellenwert bekommt und damit die Entwicklung oder das Fortschreiten von Erkrankungen früher und stärker reduziert oder sogar verhindert wird. Wichtig wäre auch, entsprechende Lebensstilmaßnahmen von jung bis alt umzusetzen, dass evidenzbasierte Trainingsprogramme in entsprechende Strukturen, z. B. in den Alltag von Senioreneinrichtungen, integriert und auch finanziell unterstützt werden.
Es ist nie zu spät, anzufangen: Regelmäßiges Training ist in jedem Alter wichtig – für die Gesundheit und für die Lebensfreude.